Die SwissCovid-App wird am kommenden Donnerstag lanciert – was Sie zur Contact-Tracing-App wissen müssen Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und Infektionsketten nachzuverfolgen, wird das Bundesamt für Gesundheit eine App herausgeben. Das Wichtigste im Überblick. Jenni Thier Aktualisiert 21.06.2020, 13.33 Uhr Drucken Teilen Die Contact-Tracing-App des Bundes befindet sich momentan noch in einer Pilotphase. Die Contact-Tracing-App des Bundes befindet sich momentan noch in einer Pilotphase. Laurent Gilliéron / Keystone Beim herkömmlichen Contact-Tracing, das von den kantonalen Behörden durchgeführt wird, werden mit Sars-CoV-2 infizierte Personen per Telefon befragt und so auch Kontakte rekonstruiert. Ergänzend will der Bund eine Contact-Tracing-App einführen. Die Swiss PT-App (PT ist die Abkürzung für Proximity-Tracing) registriert, wenn Smartphones, die die App installiert haben, sich für längere Zeit nahe gekommen sind – und somit eine Ansteckungsgefahr bestanden hat. Inhaltsverzeichnis Wann kommt die App? Wie sieht die Testphase aus? Gibt es die App schon zum Download? Welche Voraussetzungen muss das Smartphone haben? Muss jeder die App installieren? Wie funktioniert die App? Was muss der Nutzer der App machen? Wie sicher sind die Daten? Wer hat die App entwickelt? Wird die App grenzüberschreitend funktionieren? Welche Rolle spielen Google und Apple? Speichern Google und Apple die Daten aus der App? Warum nutzt die App Bluetooth und nicht GPS? Wie gut funktioniert die App? Wann kommt die App? Die SwissCovid getaufte App für Mobiltelefone soll ab 25. Juni im Apple Store und Google Play Store verfügbar sein, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf seiner Homepage. Zuvor hat das BAG die App mit einem begrenzten Nutzerkreis getestet. Für diese Pilotphase hatte der Bundesrat am 13. Mai eine Verordnung erlassen, die bis zum 30. Juni 2020 befristet ist. Sie stützt sich auf das Datenschutzgesetz und regelt die Organisation, den Betrieb, die bearbeiteten Daten sowie die Nutzung der App für die Dauer der Pilotphase. In der Sommersession haben nun Ständerat und Nationalrat Änderungen des Epidemiengesetzes beschlossen, die für den breiten Einsatz der App nötig sind. Nach der Schlussabstimmung beiden Räten vom Freitag wird der Bundesrat laut Gesundheitsminister Berset die entsprechende Verordnung kommenden Mittwoch verabschieden. Am darauffolgenden Tag ist die Lancierung der App geplant. Wie sieht die Testphase aus? Die App ist am 25. Mai mit einer Verzögerung in den Testbetrieb gestartet. Das BAG wollte noch abwarten, bis Google und Apple ihre Bluetooth-Schnittstellen für Tracing-Apps fertig entwickelt hatten. Die App wird von Mitarbeitenden der ETH in Lausanne und Zürich, von Armeeangehörigen und Spitalpersonal sowie von Angestellten der eidgenössischen und der kantonalen Verwaltungen getestet. Die App wird laut BAG zudem weiteren Personen und Organisationen zur Verfügung gestellt, damit diese allfällige technische Mängel sowie Probleme in der Benutzbarkeit melden können. Maximal 15000 Personen sollen zu dem Testkreis gehören. Gibt es die App schon zum Download? Smartphone-Besitzer können die Anwendung in den App-Stores von Google und Apple bereits herunterladen. Es handelt sich dabei laut BAG um einen produktiven Piloten des Gesamtsystems. Die Pilot-Version der App werde den Test-Teilnehmern zum Download bereitgestellt. Damit können auch andere Interessierte die App herunterladen und installieren. Allerdings wird man darauf hingewiesen, dass man diese nur nutzen soll, wenn man Teilnehmender der Pilotphase ist. Welche Voraussetzungen muss das Smartphone haben? Apple-Nutzer benötigen ein Gerät ab dem iPhone 6s oder dem iPhone SE. Mobiltelefone mit Googles Android-Betriebssystem benötigen mindestens Android 6. Auch neue Huawei-Geräte sind ausgeschlossen, da diese ohne Google Play Store und dessen Dienste laufen. Muss jeder die App installieren? Nein. Die App soll freiwillig sein. Es ist zudem vorgesehen, dass die App einstellt werden soll, sobald das PT-System zur Bewältigung der durch das Coronavirus verursachten Epidemie nicht mehr erforderlich ist, oder sich als unwirksam erweist. Wie funktioniert die App? Voraussetzung ist, dass die App des Bundes auf dem Smartphone installiert und Bluetooth eingeschaltet ist. Wenn sich das Smartphone dann in weniger als zwei Metern Abstand für insgesamt mehr als 15 Minuten innerhalb eines Tages zu einem anderen Smartphone befindet, auf dem die App ebenfalls installiert ist, wird dieser Kontakt auf beiden Geräten anonym gespeichert. Die eingestellten 15 Minuten und rund zwei Meter Abstand werden laut BAG mit zunehmenden Erfahrungswerten angepasst, um eine möglichst präzise Aussage zur Ansteckungswahrscheinlichkeit zu machen. Wenn sich nun eine Person als infiziert herausstellt, erhält diese vom kantonsärztlichen Dienst einen sogenannten Covid-Code, mit dem all jene über die App benachrichtigt werden, die kurz zuvor in kritischem Kontakt mit dem oder der Infizierten waren. In der Pilotphase erhalten zunächst nur jene einen solchen Code, die offiziell an der Testphase teilnehmen. Die benachrichtigten Personen können sich dann an die in der App genannte Hotline wenden. Was muss der Nutzer der App machen? Nachdem die App installiert und eingerichtet worden ist, muss der Smartphone-Besitzer nichts weiter machen – ausser darauf zu achten, dass Bluetooth aktiviert bleibt. Wie sicher sind die Daten? Die App verwendet einen sogenannten dezentralen Ansatz zur Datenspeicherung. Dieser wird von vielen Datenschützern als sehr sicher bezeichnet. Die Schweizer haben mit ihrem Protokoll namens DP-3T eine Lösung entwickelt, die mittlerweile von anderen Ländern übernommen wird. So funktioniert die Verschlüsselung Beim Herunterladen der App kommuniziert sie nicht mit einem zentralen Server. So funktioniert die Verschlüsselung - Beim Herunterladen der App kommuniziert sie nicht mit einem zentralen Server. Quelle: DP-3T White Paper ( https://raw.githubusercontent.com/DP-3T/documents/master/DP3T%20White%20Paper.pdf) NZZ / xeo. Die Smartphones senden in regelmässigen Abständen verschlüsselte ID über Bluetooth aus. Andere Smartphones, die dieselbe oder eine kompatible Tracing-App installiert haben, hören gleichzeitig auf solche Nachrichten und speichern alle ID ab, die sie empfangen konnten. Voraussetzung ist, dass diese sich innerhalb eines Tages 15 Minuten lang näher als zwei Meter gekommen sind. Der Server wird beim dezentralen Modell nur im Fall einer Infektion zum Austausch der Schlüssel von infizierten Personen verwendet. Das passiert bei einer Benachrichtigung Nur die Schlüssel werden ausgetauscht. Die Kontaktlisten bleiben lokal auf den jeweiligen Geräten. Das passiert bei einer Benachrichtigung - Nur die Schlüssel werden ausgetauscht. Die Kontaktlisten bleiben lokal auf den jeweiligen Geräten. Quelle: DP-3T White Paper NZZ / xeo. Die Information, welche Geräte welche anderen Geräte angetroffen haben, bleibt auf den Smartphones selber. Nach drei Wochen werden die Kontakte wieder aus der Liste gelöscht. Es können auch keine Standortdaten gespeichert werden, da nur über Bluetooth gemessen wird, wie nah sich zwei Smartphones gekommen sind. Wo diese Begegnung stattgefunden hat, ist nicht nachvollziehbar. Auch greift die App nicht auf Kontaktdaten oder Adressbücher zu, wie Botschaften in den sozialen Medien behaupten. Wer hat die App entwickelt? Die App wurde von der ETH Lausanne und der ETH Zürich sowie der Schweizer Firma Ubique entwickelt. Wird die App grenzüberschreitend funktionieren? Vorerst wird das nur sehr begrenzt der Fall sein, da noch nicht alle Länder in Europa eine solche App lanciert haben. Zudem gibt es noch einige technische und auch juristische Hürden zu überwinden. Die EU hat sich mittlerweile auf eine technische Lösung verständigt, so dass zumindest Tracing-Apps mit dem gleichen Ansatz zur Datenspeicherung (zentral oder dezentral) in Zukunft miteinander kommunizieren können sollen. Für die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied gestaltet sich die Sache etwas schwieriger. Man sei auf technischer Ebene in ständigem Austausch mit den EU-Kollegen und habe intensiv mit Deutschland und Italien gesprochen, heisst es vom BAG. Die Schweiz werde versuchen, sich technisch korrekt an die EU-Lösung anzubinden, sofern man dafür eine gemeinsame rechtliche Basis finde. Falls eine Lösung mit der EU nicht möglich sein kann, wird die Schweiz laut BAG bilaterale Vereinbarungen und eventuell sogar bilaterale technische Anbindungen mit den Ländern angehen müssen. Welche Rolle spielen Google und Apple? Google und Apple hatten kurz vor Ostern angekündigt, offizielle Contact-Tracing-Apps zu unterstützen. Mitte Mai wurden Bluetooth-Schnittstellen veröffentlicht, die ermöglichen sollen, dass Smartphones miteinander kommunizieren, egal, ob sie mit Googles Android- oder Apples iOS-Betriebssystem laufen. Die Schweiz ist das erste Land, das die eigene Tracing-App mit dieser Schnittstelle testet. Die beiden amerikanischen Tech-Riesen haben zudem Richtlinien vorgelegt, welche die offiziellen Tracing-Apps erfüllen müssen – und die jenen der Schweizer App gleichen. Im Regelfall darf ein Land nur eine offizielle Anwendung anmelden. Diese soll von der Gesundheitsbehörde herausgegeben und allein für das Tracing des Coronavirus eingesetzt werden. Standortdaten wie GPS darf die App nicht nutzen, und sie muss auf den dezentralen Ansatz zur Datenspeicherung setzen. Zudem muss der Nutzer sein Einverständnis geben, damit die Anwendung funktioniert, sowie im Falle einer Infektion, wenn er diese der App mitteilt. Google und Apple wollen damit einen Standard schaffen, damit die Apps unterschiedlicher Länder auch miteinander kompatibel sind. Speichern Google und Apple die Daten aus der App? Nein. Die anonymisierten Daten bleiben lokal auf den Smartphones der Nutzer, und nur im Falle einer Infektion wird der Schlüssel vom Gerät des Infizierten an einen Server geschickt. Der gehört jedoch nicht Google oder Apple, sondern wird von einer Behörde bereitgestellt. Warum nutzt die App Bluetooth und nicht GPS? Viele Apps wie zum Beispiel Google Maps nutzen GPS, um den Standort des Mobiltelefons zu ermitteln. Da die Tracing-App jedoch so wenig Daten wie möglich über den Smartphone-Besitzer preisgeben soll, verzichtet man bei der Schweizer App auf diese Art der Rückverfolgung von zurückgelegten Wegen eines Infizierten. Über Bluetooth wird allein der Abstand eines Geräts zu einem anderen registriert. Anhand der Stärke des Signals wird dann ermittelt, wie weit die Handys auseinander sind. Dabei werden keine Standortdaten übermittelt. ------------------------ Wie gut funktioniert die App? Das wird sich wohl erst in der konkreten Anwendung zeigen. Es müssen möglichst viele Menschen die App nutzen und installiert haben, damit sie wirklich erfolgreich ist. In einer Befragung des BAG von Ende April signalisierten knapp 60 Prozent der Befragten, die App installieren zu wollen. Auch technisch gibt es Unsicherheiten. Da die Mobiltelefone allein anhand der Stärke des Bluetooth-Signals den Abstand zueinander schätzen, können Fehler entstehen. Google, Apple und auch die App-Entwickler arbeiten daran, diese möglichst zu verringern. Es kann jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden, dass sogenannte «false positives» – also Falschmeldungen – entstehen. Dies kann etwa passieren, wenn man durch eine recht dünne Wand von einem anderen Smartphone getrennt ist. Die beiden Geräte könnten dies als kritischen Kontakt registrieren, obwohl die Wand die Besitzer physisch trennt. Genauso kann es auch zu «false negatives» kommen, also Infektionen, die nicht als solche erkannt werden. Dies kann passieren, wenn jemand zwar die App installiert, aber Bluetooth ausgeschaltet hat. Es gibt zudem auch Situationen, wo eine Übertragung des Virus stattfinden kann, obwohl zwei Personen mehr als zwei Meter Abstand zueinander haben. ------------------------